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Channel: Unendlichkeit – Henrik Geyer – spirituell-philosophischer Blog
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Endlich im Unendlichen – Verständnis für Kontingenz

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Kontingenz ist ein philosophischer Begriff, der die Nicht-Notwendigkeit des Vorhandenen charakterisiert, und andererseits die Möglichkeit von Allem. Kontingenz (griech., „etwas, was möglich ist“). Wie kommen Philosophen auf so etwas – und was bewirkt es? Ist denn das Sein nicht begrenzt auf das, was wir vor uns sehen?


Kontingenz ist ein Gegenbegriff zu jenem Denken, das die Möglichkeiten der Natur als eng begrenzt sieht, als einschränkbar auf das, was das (menschliche) Denken wahrnehmen kann.

Kontingenz ist der Gegenbegriff zu Alternativlosigkeit – jenem Denken in angeblichen Unabdingbarkeiten, in Notwendigkeiten etc..

Kontingenz ist eine schwer fassbare, aber deshalb nicht weniger zutreffende Weltauffassung. Es handelt sich dabei nicht um etwas ganz Abstraktes, sondern wir begegnen dem Unterschied der Begriffs-Welten in vielen Themen der Gegenwart. Im ganz Alltäglichen ist der Unterschied zwischen jenen, die auf Grund ihrer Weltsicht alles für möglich halten, und jenen, die in der Natur enge Grenzen des Möglichen vermuten, sehr sichtbar und geht in die einfachsten Begriffe ein.

Die Vertreter der Alternativlosigkeit können es sich beispielsweise schon nicht so recht vorstellen, dass es eine vernünftige Vernunft jenseits der eigenen geben kann. Man denke an das Wort „postfaktisch“: die „Fakten“ sind im eigenen Besitz; jene aber, die eine Gegenposition zur eigenen Position einnehmen, werden als „jenseits von Fakten“ imaginiert.

Oder, dass sich ein (gesellschaftlicher) Zustand leicht wandeln kann, zum Beispiel von Reichtum zu Armut, von Frieden zu Krieg, von Freiheit zu Unterdrückung. Sie glauben im Sein stets eine sichere Bank zu haben, gleich einem unwandelbaren Objekt. Das Sein betrachten sie als starr und statisch – und sich selbst als im Besitz des besten Begriffes davon.

Während also das Denken in Unbedingtheiten stets im Objekthaften verharrt, der Mensch sei so und so, die Gesellschaft sei so und so (und nicht anders denkbar), ist Kontingenz verbunden mit der Vorstellung einer Welt, die im Flusse ist; durch den menschlichen Geist letztlich als Objekt unfassbar, denn sie ist in jedem Moment des Begreifens ein wenig anders. Und – wenn sie kaum fassbar ist, so ist damit auch eine Vorstellung eines Unwissens über ihre Möglichkeiten verbunden.

Spruchbild, Bildspruch: Es ist unmöglich zweimal in denselben Fluss zu springen

Dazu im Gegensatz meint der Vertreter des Objekthaften stets, die Objekte seiner Anschauungen seien nicht anders auffassbar, als in der eigenen Perspektive. Auch auf die Zukunft projeziert er seine Überzeugungen – die Zukunft könne sich nur zwischen den Zuständen A und B abspielen, meint er.

Aus dem Wissen um das prinzipielle Wesen der Zukunft leitet der statisch Denkende beispielsweise ab, der Mensch würde sich vom Niederen zum Höheren entwickeln. Seine Zukunft, das könne nicht anders sein, sei die einer weltumspannenden Einigkeit, eines End-Glücks ohne Widersprüche. Dass der Mensch die Widersprüche, und damit Streit und Krieg, selbst generiert, wie ein ewig drehender Dynamo, will dem Vertreter der Unbedingtheiten nicht so recht einleuchten. Er sieht den Menschen als getrennt von der Welt, als geniehaften Beobachter. Die Welt, so meint er, würde vom Menschen lediglich klug analysiert und gestaltet, und betreut wie ein alter Opi.

Und, noch eins: Weil selbstverständlich keine Sekunde zu verlieren ist, die Welt ihrem glücklichen Schicksal zuzuführen, findet man im Lager der Verabsolutierer viele Revolutionäre, Heilsbringer und Weltverbesserer. Sie sehen sich als Katalysatoren des Weltglücks – einer ihrer Auffassung nach unvermeidlichen Entwicklung, wodurch sie sich auf Seiten einer natürlichen Gesetzmäßigkeit wähnen. Die Menschheit, so meinen sie, werde ihnen Dank wissen, ist erst der glückliche Endzustand erreicht.

Doch sind sie es meist selbst, die die Welt verheeren mit ihren vielversprechenden Ideen. Diese Ideen wirken verschieden, sind es aber im Wesen gar nicht. Es geht immer um die Erlösung des Menschen durch ein großes Glück in Einigkeit … ein festes und dauerhaftes Glück sozusagen – so statisch wie das Denken jener, die an es glauben.

Denken wir an den Dreißigjährigen Krieg, der um den rechten Glauben (Katholizismus an Stelle des aufkommenden Reformgedankens) geführt wurde. Und damit um die „richtige“ Erlösung. Denken wir überhaupt an sogenannte „Glaubenskriege“ (geht es denn nicht immer um Glauben?). Denken wir an die große chinesische Hungersnot, die ausbrach, weil die chinesische kommunistische Regierung die Landwirtschaft ihrem Glauben gemäß umbauen wollte; sie kostete viele Millionen das Leben. Denken wir an die Gulags Stalins – das waren Säuberungen im Namen des großen sozialistischen Gedankens, der alle Menschen als potentielle Brüder sieht. Wer wohl konnte gegen dieses Große Glück sein? Derjenige musste in den Gulag! Denken wir an den Zweiten Weltkrieg, den Hitler sich zu führen traute, denn er wollte die Deutschen ihrem dauerhaften Glück und ihrer Erlösung zuzuführen – wieder liegt die Erlösung in der uneingeschränkten Gültigkeit der Ideologie, respektive ihrer Weltherrschaft. Denken wir an die Roten Khmer, die einmal mehr die Welt mit der altbekannten Erlösungsideologie beglückten, welche natürlich wieder,  für den Moment, die „harte Hand“ nötig machte.


Der Spirealismus ist eine Philosophie, die den Menschen als endlich im Unendlichen sieht. Das Endliche seiner Gedanken, das ist das menschliche Sein. Die Unendlichkeit dessen, was nicht in seinen Gedanken ist, die Unendlichkeit des Möglichen also, ist ihm das Nichts, oder auch die „Nichtexistenz“.

Doch, was weiß er über das Nichts? Nichts. Nur innerhalb seiner paradoxen materialistischen Weltanschauung will es ihm scheinen, als verfüge er über die  Möglichkeit, das Nichts einzugrenzen, in dem er es verdinglicht, zu dem Nichts.

Aus der Sichtweise des Spirealismus folgt Kontingenz – die Möglichkeit von allem, die Nicht-Notwendigkeit alles Bestehenden, als völlig normale und logische Konsequenz. Statisches Denken ist ihm fremd.

Endlich im Unendlichen – Verständnis für Kontingenz was last modified: Januar 24th, 2018 by Henrik Geyer

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